Was ist Neuroplastizität?


Es ist noch gar nicht solange her, da glaubte man, dass sich unser Gehirn ab einem bestimmten "Point of no return", so gut wie gar nicht mehr weiterentwickeln würde, und dass es von da an nur noch mit Mühe möglich wäre, neue Fähigkeiten und Verhaltensweisen zu erlernen, oder unsere Persönlichkeit zu verändern. Hätten wir erst einmal die Schwelle zur Volljährigkeit erreicht, wäre es diesbezüglich also bereits so gut wie "aus mit der Maus".

 

Dabei ging man mit unbeirrbarer Überzeugung davon aus, dass sich das Gehirn sogar irgendwann zurückentwickeln und mit steigendem Alter zunehmend degenerieren und somit den Großteil seiner einstmaligen Leistungsfähigkeit, verlieren würde.



Aufgrund der aktuellen Ergebnisse, der geschichtlich noch relativ jungen Gehirnforschung, weiß man jedoch mit Sicherheit, dass obige Annahme sehr weit von den Tatsachen entfernt ist.

 

Heutige Erkenntnisse beweisen vielmehr, dass unser Gehirn durchaus und sogar bis ins hohe Alter hinein, in der Lage ist, zahllose neue Verknüpfungen, Strukturen, Signaturen sowie frische Muster dauerhaft anzulegen und sich dadurch neu zu organisieren und zu restrukturieren.

Diese beindruckende Fähigkeit wird "Neuroplastizität" genannt.



Dabei besteht unser Gehirn aus ca. 80 bis 100 Milliarden Nervenzellen, sogenannten Neuronen, die sich wie Bäume verästeln und mit ihren ast- und wurzelähnlichen Fortsätzen (Dendriten), wiederum mit anderen Nervenzellen verbunden sind.

 

Eine einzelne Nervenzelle kann mehr als 100.000 solcher Verbindungen zu anderen Neuronen eingehen. Die Gesamtheit dieser Verbindungen wird als neuronales Netzwerk bezeichnet.

Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass wir mehr neuronale Verbindungen besitzen, als es Materie im Universum gibt.



Dabei ähnelt jedes einzelne Neuron einem winzigen Biocomputer mit über 60 Megabyte RAM.

Es kann Hunderttausende von Operationen pro Sekunde gleichzeitig durchführen und dabei eine unglaubliche Menge an Daten verarbeiten.

 


Magie, oder: wenn Bewusstsein zu Materie wird


Mit jeder neuen Erfahrungen und jeder Empfindung, durch die wir etwas Neues lernen, beginnen die jeweiligen, damit beauftragten Nervenzellen, neue Verästelungen auszubilden und sich mit anderen Neuronen zu verbinden. An speziellen Übertragungsstellen, den sogenannten Synapsen, tauschen sie dann gegenseitig Informationen, in Form von elektrochemischen Impulsen aus.

 

Insbesondere durch neue Erfahrungen und gezieltes Lernen entstehen auf diese Weise Unmengen neuer synaptischer Verbindungen, die durch Wiederholungen und regelmäßiges Erinnern, allmählich fest miteinander "verdrahtet" werden.

 

Das Erzeugen solcher Verbindungen formt und verändert auf messbare Weise die physische Organisation und Struktur unseres Gehirns.



Aufgrund unserer Gefühle, Gedanken und Überzeugungen werden zudem biochemische Informationsüberträger, sogenannte Neurotransmitter (z.B.: Dopamin, Serotonin, Acetylcholin), freigesetzt, die die miteinander verbundenen Nervenzellen untereinander synchronisieren und auf diese Weise die Übertragung der Informationsimpulse, der jeweils verwendeten neuronalen Verbindungen, verstärken und beschleunigen.     

 

Aus Denk- und Handlungsweisen, die wir regelmäßig wiederholen, werden Gewohnheiten, welche die dadurch entstandenen, fest verschalteten "Neuronenautobahnen", automatisch und ohne unser bewusstes Zutun, in Sekundenbruchteilen zur jeweiligen Informationsübermittlung benützen.

 

Die mentalen Energiefelder, die zuvor nur als Möglichkeit, im unsichtbaren Quantenraum unseres Bewusstseins, existierten, sind somit zu einem körperlich konditionierten und unbewusst ablaufenden, impliziten Programm geworden.

 

In diesem Sinn hat sich unser Bewusstsein, durch die spezifische Signatur der neu entstandenen Neuronenverbindungen, auf messbare und nachprüfbare Weise, sowohl in unserem Geist, als auch in unseren Gehirnstrukturen, manifestiert.


Unser Bewusstsein ist somit zu Materie geworden!



Keine andere Wahl


Wenn du also auf deiner mentalen Ebene (bewusst oder unbewusst), tagein und tagaus, immer wieder denselben Seinszustand, mit der identischen Geisteshaltung wie gestern reproduzierst, hat dein Gehirn keine andere Wahl, als dieselben neuronalen Netze und "Autobahnen" zu benutzen, wie die, die es bereits in deiner Vergangenheit verwendet hast.

 


Alles nur Schubladen


Sobald du dann in deiner Lebensmitte angekommen bist, zeichnet sich dein Gehirn vor allem durch eine begrenzte Anzahl festgefahrener Signaturen aus, die unbemerkt im Hintergrund, wie automatische Programme, ablaufen.

 

Diese festgefahrenen Muster werden dann als "Identität", oder "Persönlichkeit", bezeichnet. Man könnte es bildlich aber auch ebenso mit vielen unterschiedlichen Schubladen vergleichen, die in einem begrenzten Schema fest miteinander verschaltet sind.



Ich weiß, das ist kein sehr angenehmer Gedanke. Deshalb wenden wir uns gleich den Möglichkeiten zu, wie wir diesen Zustand möglichst effektiv und zu deinem Nutzen, verändern können.

 


Out of the box!


Sobald du eine neue Erfahrung zulässt und ungewohnte Gedanken dazu entwickelst, veränderst du dich sowohl auf neurologischer und biochemischer als auch auf epigenetischer Ebene.

 

In dem Augenblick, in dem du neue Denkweisen annimmst, neue Erfahrungen machst, oder etwas Neues erlernst, entstehen innerhalb eines Wimpernschlags Tausende neuer Nervenverbindungen.

 

Zugleich werden dadurch ungenutzte DNA-Abschnitte, mit neuen Genkombinationen aktiviert, die wiederum frische Proteine bilden - und das alles nur aufgrund deiner vorangegangenen Absicht, dich auf etwas Neues einzulassen. Das demonstriert die Macht, die dein willentliches (aktives) Bewusstsein über die Materie hat.

 

Allerdings musst du die neue Erfahrung, das neue Gefühl, deine neue Denkweise und Einstellung sowie das neu Erlernte, oft genug wiederholen und in deinem Geist bewusst integrieren, damit sich die für eine dauerhafte Erinnerung notwendigen Nervenverbindungen, festigen und verstärken können. Diesbezüglich musst du in deinem Gehirn erst den dafür nötigen "Ein-druck" hinterlassen und es durch deine Absicht möglichst nachhaltig "be-ein-drucken".



Andernfalls bilden sich die zuvor entstandenen, synaptischen Verbindungen, sehr bald wieder zurück, so dass die damit zusammenhängende Erinnerung und Erfahrung, umgehend gelöscht wird. Ganz einfach nur deshalb, weil dein Gehirn, in Folge deiner sporadischen und halbherzigen Bemühungen, einfach nicht wirklich "impressed" war.

 

Dein Augenmerk sollte diesbezüglich also darauf liegen, offen für Neues zu werden und die dafür notwendige, offene Denk- und Geisteshaltung zu entwickeln.



Dabei ist es wichtig, dass du damit beginnst außerhalb deiner bestehenden Schubladen und gewohnten Tellerränder zu denken, indem du, einem neugierigen, kleinen Kind gleich, einfach ganz unvoreingenommen, neue Dinge ausprobierst, damit dein Gehirn auf eine erfrischende und neue Art stimuliert und aktiviert wird.

 

Je öfter du dein Gehirn eigenständig dazu bewegst auf andere Weise als bisher zu "ticken", zu "denken", zu "fühlen", zu "sehen", zu "handeln", etc., und somit anders als bisher zu funktionieren, desto grandioser, fantastischer und einprägsamer werden die neu erworbenen "Abdrücke" sein, die dein Bewusstsein, in Folge dieses Prozess, in deiner gesamten Gehirnstruktur, hinterlassen wird. 


Das SMILE Diagramm

ein Beispiel ,wie du mit Sorgen/Ängsten/Zweifeln auf neue Weise konstruktiv umgehen kannst. Mache eine neue Gewohnheit daraus! 


Neuro-Evolution


Wie bereits erwähnt, belegen neuste Forschungsergebnisse zu diesem Thema eindeutig, dass sich dein Gehirn durch regelmäßige Stimulation (neue Eindrücke, neue Erfahrungen, neue Denkweisen, neue Überzeugungen, etc.) entfaltet, sich verändert und entwickelt, da es aufgrund seiner, in sich selbst begründeten Funktionsweise und naturgegebenen Neuroplastizität, gar keine andere Wahl hat, als sich neuen Gegebenheiten möglichst effektiv und erfolgreich anzupassen.



Diesen Vorgang bezeichnet man auch als Evolution und wenn du möchtest, kannst du dein eigenes Gehirn dabei unterstützen. Wie gefällt dir diese Idee?

 


Weiter mit Etappe neun: Persönlichkeit